Holocaust-Education
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"Holocaust Education Revisited"

"Erziehung nach Auschwitz" – "Facing History and Ourselves" – "Shoah und Erziehung" – "Holocaust Education" – "Gedenkstättenpädagogik" – "Humanistic Education": Alle diese Begriffe kennzeichnen nur unzureichend, was sie auszudrücken versuchen: Pädagogisch-didaktische Überlegungen, um die Auseinandersetzung mit NS-Verbrechen und dem Holocaust sprachlich zu fassen. Nach vielen Überlegungen hat sich die Projektgruppe dafür entschieden, den Begriff "Holocaust Education" zu verwenden – allerdings mit dem Zusatz "revisited".

Mit dieser terminologischen Festlegung wollen wir zweierlei zum Ausdruck bringen: Zum einen erscheint es uns ratsam, nach Anknüpfungspunkten bei heutigen Lerner_innen zu suchen. Es werden didaktische und pädagogische Fragenstellungen und Konzepte wiederaufgenommen, um ihre Relevanz für eine interdisziplinäre Bildungsarbeit zu reflektieren. Zum anderen sucht die Projektgruppe bewusst Anschluss an internationale Konzepte und Überlegungen. Diese Ausrichtung basiert auf der zunehmend medial geprägten und nationale Grenzen überschreitenden Auseinandersetzung mit (literarischen) Zeugnissen der NS-Verbrechen. Erinnerungen an diese Verbrechen werden von Überlebenden, aber auch nachkommenden Generationen, tradiert und erschließen sich einem Publikum.

"Revisited" meint nicht: Revision oder Wieder-besuchen von etwas Fertigem. Der Begriff will zu einem genaueren Hinsehen, zur Wahrnehmung von Veränderungen anregen. Er weist einerseits auf die zunehmende Adaption von Zeugnissen Überlebender des Holocaust und der NS-Verbrechen hin, die immer wieder "überschrieben" und von Generation zu Generation "weiter tradiert" werden. Andererseits werden Orte der Verbrechen als Bildungschance begriffen, die von einem internationalen und immer stärker werdenden Besucherstrom aufgesucht werden und gleichermaßen Wandlungen unterworfen sind.

Uns ist bewusst, dass "Holocaust" ein problematischer Begriff ist, der Menschen mit jüdischer Identität in eine Opferrolle gedrängt und gleichermaßen andere Opfergruppen marginalisiert hat. Uns ist bewusst, dass wir mit diesem Konzept teilweise an die Auseinandersetzung mit anderen Genoziden anknüpfen. Diese Implikationen wollen wir nicht ausschließen, sondern produktiv für eine zukunftsweisende Beschäftigung mit dem Themenfeld nutzen.

Unter "Holocaust Education revisited" werden Bildungsprozesse verstanden, die mit Orten der NS-Gewalt assoziiert werden. Dabei werden historische und aktuelle Konzepte ebenso wie Akteure der schulischen und außerschulischen Bildungsarbeit eingebunden. "Revisited" – etwas "wieder besuchen" heißt auch: etwas neu befragen, Strukturen der Vermittlung erkennen, die vielleicht bislang noch nicht bewusst wahrgenommen wurden. Ein Feld "wieder besuchen" heißt auch: sich dem Feld zuwenden, genau zuhören und beobachten. Solchermaßen soll die Distanz von Lernenden zu historischen Ereignissen wie auch die Nähe zu den Orten und dem dort erlittenen Unrecht sowie das Zusammenspiel von Nähe und Distanz im Hinblick auf Opfer, Täter und Mitläufer theoretisch gefasst werden.