Holocaust-Education
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Elias Bernhart: Tradierung des Holocaust und (möglicher) Einfluss auf die Identität in der Gegenwart junger Jüdinnen und Juden

Biographische Verortung

Seit meiner Kindheit interessiere ich mich für Geschichte, Kulturen und Religionen und habe dazu viele Bücher gelesen. So habe ich mich zunächst mit der historisch-faktischen Ebene von Erstem und Zweitem Weltkrieg auseinandergesetzt: den Rahmenbedingungen, Entwicklungen und Geschehnissen zwischen Erstem zum Zweitem Weltkrieg, dem Aufstieg der Nationalsozialisten (aber auch allgemein dem Faschismus in Europa), den abermaligen Krieg und den Grausamkeiten im Zuge des Holocaust.

Der Holocaust und der Zweite Weltkrieg waren (und sind) für mich etwas mit dem ich mich nicht nur auf einer faktischen Ebene auseinandersetzen konnte, sondern das auch eine emotionale und persönliche Komponente beinhaltet. Denn mein Opa erzählte mir davon, wie er und seine Familie auf dem Land mit der zunehmenden Radikalisierung und dem Aufstieg der Nationalsozialisten konfrontiert waren, wie er als Jugendlicher in den letzten Kriegsjahren zwangsrekrutiert und an die Front geschickt wurde, in Gefangenschaft geriet und nach Jahren schließlich in seine Heimat zurückkehrte.

Während meines Soziologiestudiums gab es mit den Themen NS-Zeit und Holocaust nur vereinzelt Berührungspunkte, die ich nun als gedanklich-analytische Komponente begreife. Zum einen habe ich mich im Rahmen der quantitativen Methodenausbildung zur GMF eine Seminararbeit über "Antisemitismus und sozialer Status" geschrieben. Weiter erfolgte in einem Tutorium die Gegenüberstellung von Bruno Latours Aussage: "Wir sind nie modern gewesen" und Zygmunt Baumans Auseinandersetzung mit dem Begriff der Moderne. Kann eine Moderne existieren/existiert haben, wenn mit ‚modernsten‘ Mitteln der Holocaust, die Vernichtung von Leben, geplant, strukturiert, delegiert und ausgeführt wurde? Letztlich sieht Bauman den Holocaust allerdings als Ergebnis der Moderne.

"Der Holocaust wurde inmitten der modernen, rationalen Gesellschaft konzipiert und durchgeführt, in einer hoch entwickelten Zivilisation und im Umfeld außergewöhnlicher kultureller Leistungen; er muss daher als Problem dieser Gesellschaft, Zivilisation und Kultur betrachtet werden" (Bauman 1992, S. 10).

Folgendes Foto steht für meine aktuelle Position:

bild_elias

"Halle der Namen" mit Bildern von Holocaust-Opfer. Quelle: yadvashem.org

Forschungsinteresse

Im Rahmen meiner Forschung beschäftigt mich, auf welche Art und Weise, mit welchen Inhalten und von welchen Instanzen oder Quellen die gegenwärtige Generation junger/jüngerer Jüdinnen und Juden vom Holocaust erfährt. Sowie, welche Rolle der Holocaust noch für die dritte Generation Jüdinnen und Juden in ihrer gegenwärtigen Selbstverortung und Identität spielt und wie sie die heutige Auseinandersetzung damit beurteilen. Die Perspektive der gegenwärtigen Generation von Jüdinnen und Juden ist für mich deshalb von Bedeutung, da diese nicht mehr zu den unmittelbar Betroffenen des Holocaust oder der Folgegeneration zählen. Die große zeitliche Distanz beeinflusst den Bezug zu den Ereignissen und unterschiedliche Vermittlungsformen rücken in den Mittelpunkt, welche im familiären, schulischen, freundschaftlichen oder sozialem Umfeld und medialen Raum angelegt sein können. Dadurch unterscheidet sich die sich die Auseinandersetzung intersubjektiv und der mögliche Einfluss auf Identität und die Beurteilung des Holocausts in der Gegenwart.

Ziel

Für die Untersuchung ist eine sozialwissenschaftliche qualitativ-offene Herangehensweise geplant. Mithilfe von qualitativen Interviews und anderen gegenstandsangemessenen Forschungsmethoden (Informelle Gespräche und Gruppendiskussionen) möchte ich erfahren, auf welche Weise der Holocaust und damit zusammenhängende Ereignisse überliefert werden und ob und welchen Einfluss der Holocaust auf die Selbstverortung der jüngeren Generation Jüdinnen und Juden hat.

Kontakt

Elias.Bernhart@germanistik.uni-muenchen.de