Holocaust-Education
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Michael Penzold: Nachhaltiges Lernen und Lehren durch und nach dem Gedenkstättenbesuch – Bildung der „longue durée“

Biographische Verortung

Das Thema Holocaust hat mich immer wieder, aber lange Zeit auch nicht kontinuierlich beschäftigt. Die Stadt, in der ich aufgewachsen bin, ist im Zweiten Weltkrieg fast völlig zerstört worden. Die Bilder davon und die Erzählungen darüber haben mich als Kind nie losgelassen. Einer meiner Geschichtslehrer hat die Geschichte der Juden in dieser Stadt aufgearbeitet und Ergebnisse seiner Forschungen in der lokalen Tageszeitung veröffentlicht. Ebenfalls intensive Erinnerungen habe ich an eine Deutschlehrerin, die mit uns Ödön von Horváths "Jugend ohne Gott" gelesen und diskutiert hat. Diesem Lehrer und dieser Lehrerin bin ich bis heute sehr dankbar. Als ich selbst Lehrer geworden bin, ist mir das Thema Holocaust und dessen zeitgeschichtlicher Kontext aufgrund dieser eigenen Erfahrungen als Schüler immer wichtiger geworden. Über die erste Fahrt an die KZ-Gedenkstätte Dachau, die ich als Lehrer mit einer Schülergruppe unternommen habe, denke ich heute noch oft nach.

Ich kenne auch Phasen, in denen mir das Thema zu gewaltig war – Phasen der Flucht vor dem Thema. Als besonders intensiv und nachhaltig aber habe ich die Lektüre von Primo Levis Buch "Ist das ein Mensch?" erlebt. Später ist der in Buchform erschienene Dialog zwischen Elie Wiesel und Jorge Semprun mit dem Titel "Schweigen ist unmöglich" zur Ausgangsbasis meines Fragens nach Möglichkeiten der Holocaust Education geworden. Die hier aufscheinende Dialogizität halte ich für anschlussfähig in Hinblick auf einen an Schülerfragen orientierten und Schülerfragen generierenden dialogischen Unterricht. Einen solchen halte ich für wesentlich für eine gelingende Holocaust Education.

Folgendes Foto steht für meine aktuelle Position:

bildpenzold

Foto privat, aufgenommen September 2016

Forschungsinteresse

Im Themenfeld der Verbrechen des Nationalsozialismus und damit auch gerade im Bereich der Holocaust Education nehmen die Lehrer_innen meiner Ansicht nach eine entscheidende Rolle ein.

  • Wie können sie eine interessante, nachdenkliche und nachhaltige unterrichtliche Gestaltung des Themas erreichen?
  • Wie nutzen sie die Gedenkstättenfahrten für ihren Unterricht – und für sich?
  • Welche impliziten oder expliziten didaktischen Vorstellungen haben sie, wenn sie dieses Themenfeld unterrichten?
  • Wie sehen sie sich im Gefüge der verschiedenen Besuchergruppen an Gedenkstätten?

Ziel

Das Ziel meiner Untersuchungen ist es, das didaktische Ich der verschiedenen Lehrer_innen im Spannungsfeld von Schule und Gedenkstätte zu skizzieren. Daran schließt sich die Frage an, wie die schulische Modellierung des Holocaust und generell des Themas der NS-Verbrechen im Sinne einer pluralistisch, ästhetisch, ethisch und politisch bewussten – und damit auch fächerübergreifenden Didaktik aussehen könnte. Kann man auf der Grundlage der Ideen der befragten Lehrer_innen eine Didaktik der "longue durée" – einer Didaktik der Nachhaltigkeit und der Dauer herausarbeiten?

Kontakt

michael.penzold@germanistik.uni-muenchen.de